Mittwoch, 6. April 2016

Witwengesetz Nr. 5


Natürlich fände es dein Umfeld gut, wenn es dir möglichst bald besser geht. Dementsprechende Fragen werden dir immer wieder unterkommen, und dir kann das tatsächlich so langsam auf den Wecker gehen... "Geht's dir schon besser?" ... "Bist du langsam drüber weg?" usw..
Nein, du bist nicht dafür verantwortlich, dass es diesen Fragenden gut geht und sie erleichtert ihren sorgenvollen Gesichtsausdruck in die Ecke stellen können.

"Es muss dir nicht gut gehen."


Das ist das Gegenteil von Nr. 4 - richtig! Es gibt keine Logik in der Trauer, keinen "normalen" Ablauf. Deshalb sind wir wohl die unbekannten Wesen, die man nicht einschätzen kann, und deshalb wagen sich so viele aus unserem "vorigen" Umfeld wenig bis gar nicht an uns heran.

Hey, ein paar Tränen von werden unsere Lieben wohl ertragen können, oder was meint ihr Helfenden, die ihr den Schritt auf uns zugewagt habt?
Eben, begleitet uns ruhig. Wir sind für uns selbst genauso unbekannt wie für euch auch. Es ist doch schön, wenn auch Tränen dazugehören können. Die gehören zum Leben und allem anderen dazu. Nehmt unsere Hände und drückt sie, und alles ist wenig schlimm...

Dienstag, 1. März 2016

Witwengesetz Nr. 4

Ohje, du bist Witwe... da muss es dir ja schlecht gehen. Nein...

"Es muss dir nicht schlecht gehen."


Du darfst gute Laune haben, dich freuen und lauthals lachen, sogar wenn man dich mitleidig anschaut, was dazu einlädt Ähnliches zu tun.

Jeden Tag pellst du dich aus dem Bett, bringst den Tag hinter dich mit x Gedanken an dein Liebstes, das nicht mehr da ist und sollst dann noch die Erwartungen anderer mit einbeziehen, damit du so bist, wie eben jene es erwarten? - Nein. Wage ein Lächeln, wage ein Lachen.

Hey, wir hatten doch auch schöne Zeiten mit dem Liebsten, die uns tatsächlich immer noch amüsieren. Ist das nicht schön? Freut euch offen drüber, sprecht darüber, wenn euch danach ist.

Los!

Sonntag, 14. Februar 2016

Witwengesetz Nr. 3

   

"Wir müssen nichts"



Lehn dich zurück, wenn dich das Gefühl überkommt, dass du noch dieses oder jenes tun oder erledigen müsstest. Unser Alltag ist kompliziert und schwer genug, da können wir nicht noch - oft selbstgemachten - Druck gebrauchen.

Wir müssen zunächst einmal gar nichts und dürfen (fast) alles.

Spülmaschine, Müll, Anrufe, vermeintliche Verpflichtungen - alles kann warten. Am besten erledigen sich die Dinge dann, wenn es Witwe oder Witwer gerade danach ist oder sie das Gefühl haben, jetzt in diesem Moment geht es gerade gut und passt. Da wird  dann eben der Müll auch mal erst um ein Uhr nachts raus gebracht.

Dienstag, 9. Februar 2016

Witwengesetz Nr. 2

Nach einiger Erfahrung in unserem neuen Dasein haben wir festgestellt, dass immer wieder Sätze auftauchen, die es wert sind zu Gesetzen zu werden:

"Keine Kompromisse!"


Angst davor? Nein, das kann man doch nicht machen! Man muss doch an die anderen denken...
Halt! Steckt ihr nicht grade in einer Zeit, die euch sehr zu schaffen macht, und das nach einer Zeit, die noch viel schlimmer war?

Irgendwo und irgendwann muss das doch aufhören... oder nicht? Hey, ist das, was ihr da macht, ein Leben, oder ist es nur ein Anpassen oder ein Abstrampeln, um den neuen Alltag zu bewältigen?

Ämter, Versicherungen, Banken, Gerichte - wer auch immer etwas von euch will, muss nicht immer sofort bedient werden. Wer für eure Situation kein Verständnis hat, muss eben ein wenig warten. Nehmt euch Zeit für Dinge, die euch wichtig sind - und nicht eurem Partner, der nun nicht mehr da ist. Ihr seid noch hier, nicht er bzw. sie!

Fahrt in Urlaub! Nein, nein, nicht nur für ein Wochenende.
Kauft euch etwas Schönes! Keine Angebote.
Verbringt einen Tag im Bett, wenn euch danach ist!
Geht in den Wald und schreit ganz laut!
Tankt Kraft!

Mit dieser seid ihr in der Lage nicht nur Nötiges zu schaffen, sondern auch einmal den Spieß umzudrehen. Verlangt auch einmal etwas von dem jeweiligen Gegenüber! Stellt alle Fragen, die ihr habt! Geht ihm ruhig auf die Nerven. So kommt zu eigener Sicherheit...

Montag, 1. Februar 2016

Witwengesetz Nr. 1


 "Wir geben unsere Freiheit nicht mehr her."



Besonders jene, die sich lange um ihren Liebsten/ihre Liebste gekümmert haben, können das sicherlich nachvollziehen.

Da ist nun niemand mehr, um den man sich Sorgen machen kann. Plötzlich merkt man, dass man das Leben wieder selbst in der Hand hat. Man kann selbst bestimmen, was man einkauft, ob man überhaupt einkauft, ob man diese oder jene Person sehen möchte, oder nicht. Lasst euch zu nichts drängen!

Es gilt nun das genießen zu lernen, denn an der Situation ist nun nichts mehr zu ändern. Wir bekommen die Liebsten nicht mehr zurück - das zu akzeptieren ist die Voraussetzung dafür, dass wir diese Freiheit genießen können.

Mittwoch, 27. Januar 2016

Müde sein

Habt ihr auch schon festgestellt, dass es tierisch müde macht, wenn man anderen von seinen härtesten Erfahrungen erzählt?

Wundert euch also nicht. Diese Müdigkeit hat überhaupt nichts mit körperlicher Aktivität zu tun, auch wenn es sich so anfühlt. Letzten Endes macht unsere Seele einfach mal eben so einen Marathonlauf...

Montag, 25. Januar 2016

Drüber reden...

Manchmal wollen wir, die wir immer noch da sind, und manchmal nicht. Wartet ab, aber schaut dabei bitte nicht wie ein Kaninchen, das wie hypnotisiert vor der Schlange sitzt. Wir sind keine Außerirdischen und wollen manchmal einfach nur Teil eines normalen Leben sein - und sei es nur, dass wir euch und eurer Familie zuhören. Diese Normalität mit allen Aufs und Abs sind oftmals eine Erholung, weil wir nicht daran denken müssen, was in unserem Leben passiert. Lasst uns unseren kleinen Urlaub bei euch!

Wenn wir reden wollen, tun wir das schon irgendwann.

Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, dass ihr unseren "verlorenen Schatz" nicht verdrängt. Das macht es uns nicht leichter, sondern eher etwas ungehalten. Sprecht ruhig über ihn, erinnert euch an das Schöne, denn mit dem Ende hatten wir schon genug zu tun und zu kämpfen. Zeigt uns, wie sehr ihr ihn geschätzt habt. Nein, tut das nicht den ganzen Tag/Nachmittag/Abend, denn das schlaucht uns gewaltig. Gleichzeitig fragen wir uns uns, ob wir uns nur noch über ihn idenfizieren, und genau das ist für die Zukunft unmöglich.
Versucht das richtige Maß zu finden. Ich bin sicher, wir helfen dabei.

Montag, 11. Januar 2016

Es schaffen (1)

Was heißt das für Witwen und Witwer?

Was heißt es für die, die sich um einen Vermissenden kümmern möchten?

Ja, eigentlich wollen wir alle "es schaffen". Dazu gehören:
  • das tägliche Aufstehen, was manchmal so nutzlos erscheint, weil jemand fehlt und alles in einem nach Ruhe schreit, anstatt sich mit dem Ganzen dort draußen auseinanderzusetzen

  • die ganz gewöhnliche Nahrungsaufnahme, über die man sich oftmals so gar keine Gedanken macht, sie schlicht vergisst und so, sich noch mehr schwächt, denn auch die Seele braucht Futter, und wenn es erst nur ein heißer Kakao mit Sahne ist (Kalorien sollten hier keine Rolle spielen, denn den Druck braucht man nich auch noch.)

  • der ganz gewöhnliche Haushalt, aufräumen, kochen, Wäsche machen, Staub saugen usw., denn auch dies kann gut auf der Strecke bleiben, weil es niemanden mehr gibt, für den oder mit dem man dies tun kann - also, wozu das Ganze? (Nein, es geht hier nicht um Vernunft!)

  • der ganze Papierkram, der auf einen einprasselt und locker zur Überforderung führen kann (Dazu wird hier sicher noch der ein oder andere Post auftauchen.), von Kontenlöschung bzw. -umschreibung, der Kampf mit Versicherungen, Telekommunikationsfirmen bis zu den Ämtern
Also, was unsere Unterstützer tun können:
  • anrufen
  • vorbeikommen
  • immer etwas zu trinken oder essen da haben und anbieten(!)
  • fall nötig, beim Aufräumen helfen
  • mit Rat und Tat zur Seite stehen oder zu einem Termin begleiten

Das ist jedoch nur ein Teil des großen Ganzen...


Sonntag, 10. Januar 2016

Da sind wir nun!

Alles ist jetzt anders.

So ist das, wenn jemand fehlt.

Das gilt für die engsten Vertrauten genauso wie für die, die ihre Leben wie bisher weiterführen, aber manchmal erschrocken stoppen und denken: "Ohja, er/sie ist ja nicht mehr da."

Dem engsten Vertrauten fehlt gefühlt mehr: ein Stück, eine ganze Hälfte oder sogar noch mehr, was da der geliebte Tote mit ins Grab genommen hat.

Wir haben mit unseren Erlebnisse festgestellt, dass um uns herum viel Angst, Sorge, Fremde, Distanz ist, die uns allen nicht gut tut. Diese werden mit der Zeit immer größer und trennt uns voneinander, die wir vorher so gut miteinander lebten. Dabei hat sich eigentlich nichts geändert, als dass Zeit vergangen ist, die eben nicht wirklich alle Wunden heilt.

Lasst uns nahe und ferne Menschen darüber nachdenken, was wir füreinander tun können.